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Tagung 2017

Neuere Forschungen zur Geschichte der Agrarpolitik und Agrarwirtschaft 1930-1970

16. Juni 2017
Kulturwissenschaftlichen Institut, Goethestraße 31, Essen
Verantwortlich: Prof. Dr. Andreas Dornheim (Universität Bamberg, Zweiter geschäfts­führender Vorsitzender der Gesellschaft für Agrargeschichte) und Dr. Johann Kirchinger (Universität Regensburg, Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Agrargeschichte)

 

Die Tagung der Gesellschaft für Agrargeschichte nimmt die unlängst publizierte Studie „Schlachtfelder. Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938-1945“ von Ernst Lang­thaler zum Anlass, die Frage nach Kontinuitäten und Diskonti­nuitäten in Agrarpolitik und Agrarwirtschaft zwischen dem NS und der Nachkriegszeit zur Diskussion zu stellen. Er geht in seiner Studie davon aus, dass die „Vision eines nationalsozia­listischen ‚Agrar-Europas‘“, wie sie der führende NS-Agrarpolitiker Herbert Backe vertrat, das Gegenmodell zu einer „globalen, marktliberalen Agrargesellschaft unter britischer Hege­monie“ gewesen sei. Das Deutsche Reich sei das „Gravitationszentrum“ eines kontinental­europäischen Großraums mit „abhängigen Peripherien“ gewesen. Ernst Langthaler wird am Beispiel des Reichsgaues Niederdonau die Kräftefelder vorstellen, die sich zwischen dem NS-Regime und der Agrargesellschaft aufspannten und in denen ländliche Akteure unter­einander und mit NS-Funktionsträgern um Ressourcen rangen. Seine Studie legt zwar nahe, dass das Projekt eines „völkischen Produktivismus“ – die Erzeugung eines „rassisch“ und wirtschaftlich leistungs­fähigen „Bauerntums“ – zwar in technischer Hinsicht steckenblieb, dass es jedoch in institutioneller Hinsicht die Weichen der Agrarentwicklung in Richtung einer „alternativen Moderne“ jenseits von Liberalismus und Kommunismus stellte.
Diese Darstellung zieht eine Reihe von Fragen nach sich, vor allem die nach dem historischen Nachwirken dieser Konzeption. So ist es von großem Interesse, an welchen Vorbildern sich die bundesdeutsche Agrarpolitik in den 1950er Jahren orientierte. Darüber hinaus wäre zu fragen, ob sich über die Römischen Verträge von 1957 hinaus bestimmte konzeptionelle Kontinuitätslinien in die gemeinsame europäische Agrarpolitik ausmachen lassen. Hier knüpfen die anderen Beiträge an.

Andreas Dornheim ist Mitglied der Historikerkommission, die im Juli 2016 vom Bundes­ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eingesetzt wurde, mit dem Ziel, die Wiedergründung des Ministeriums im Jahr 1949, die Geschichte seiner Vorgängerinstitu­tionen und die Frage nach der personellen und sachlichen Kontinuität und Diskontinuität zu untersuchen. Andreas Dornheim wird die Aufgaben der neuen Kommission vorstellen und dabei auch die Frage von sachlichen Kontinuitäten der deutschen und europäischen Agrar­politik behandeln

Johann Kirchinger befasst sich seit vielen Jahren mit den agrarpolitischen Verbänden und Interessenvertretern, die in der deutschen Politik des 19. und 20. Jahrhunderts maßgeb­lichen Einfluss ausübten. Er geht der Frage nach, wie es Agrarfunktionären gelang, auf landes-, bundes- und europapolitischen Bühnen herausgehobene Rollen zu spielen.

Carine Germond ist eine der profiliertesten Historikerinnen der jüngeren Generation, die sich mit der Geschichte der europäischen Integration befasst, in der die Agrarpolitik eine Schlüsselrolle einnahm. Sie befasst sich insbesondere mit den widersprüchlichen Positionen der deutschen und der französischen Agrarpolitik und den aus dieser Widersprüchlichkeit resultierenden Kompromisslösungen, die für die europäische Agrarpolitik lange prägend waren. Darüber hinaus hat sie jüngster Zeit Arbeiten zur Rolle der verschiedenen nationalen Agrarverbände bei der Gestaltung der gemeinsamen europäischen Politik vorgelegt.

 

Programm

11.15
Begrüßung, Einführung ins Thema der Tagung

11.30
Ernst Langthaler (Linz):
Völkischer Produktivismus: Nationalsozialismus und Agrarmodernisierung im Reichsgau Niederdonau

12.30
Imbiss

13.00
Andreas Dornheim (Bamberg):
Die Aufarbeitung der Geschichte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und seiner Vorgängerinstitutionen

14.00
Johann Kirchinger (Regensburg):
Interessenvertretung unter Staatsaufsicht. Bayerischer Bauernverband und Landwirtschafts­ministerium zwischen Drittem Reich und Bundesrepublik

15.00
Kaffeepause

15.30
Carine Germond (Trondheim):
Die politische Rolle der deutschen und europäischen Bauernverbände bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EWG in den 1960er und 1970er Jahren

Im Anschluss an die Tagung findet die Mitglieder­versammlung der Gesellschaft für Agrargeschichte e.V. statt. Wir haben ein begrenztes Zimmerkontingent vorgemerkt für Teilnehmer, die eine Hotelübernachtung benötigen. Anmeldungen und Zimmerreservierungen bitte bis zum 1. Juni 2017 an: angelika.koeffer@uni-due.de

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